Donnerstag, 6. September 2012

Die Unendlichen Geschichten

Manchmal gibt es Bücher, die werden einem empfohlen. Sei es von Freunden, von Rezensenten oder vom eigenen Gefühl. Und wenn nun das eigene Gefühl zusammen mit Rezensenten dafür spricht, "Hundert Jahre Einsamkeit" von Gabriel García Márquez zu lesen, ist die Sachlage eigentlich klar.

Roman? Chronik! (Quelle)
Normalerweise sollte man sich natürlich von Floskeln wie "Weltliteratur" und "Klassiker" nicht blenden lassen, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Aber hey! Das Cover sieht schön aus, der Name des Autoren geht einem wohlfeil von der Zunge, der Titel des Buches hat nichts mit einer Liebesschnulze zu tun und muss gerade deswegen genial sein. Hellhörig wird man, wenn man liest, dass es in diesem Buch um die Generationen überspannende Geschichte einer kolumbischen Familie geht, d.h. um Aufstieg und Fall. Kann schwerer Stoff sein, aber bei "Der Pate" hat es ja auch funktioniert. Garniere all das mit "Klassiker des magischen Realismus" und die Voraussetzungen für ein großartiges Lese-Erlebnis liegen einem zu Füßen.

Es ist da! Und es ist dick. Schwerer Stoff, ach ja genau. Die Leseposition wird eingenommen und die ersten Seiten gelesen. Hm, da passiert ja direkt auf den ersten Seiten eine Menge. Kaum ist man gedanklich im Urwald angekommen, werden die ersten Kinder geboren, passieren die ersten unerklärlichen Phänomene. Sehr gut. So mag ich meinen magischen Realismus.

Das Fuck-You von GGM an seine Leser.
(Quelle)
Hundert Seiten durch. Es sind schon eine Menge Kinder geboren worden. Manche sind schon wieder tot. Drei Generationen wuseln durch die Seiten. Alle heißen irgendwie gleich, weil diese Drecks-inzestuöse Sippe gerade einfältig genug ist, die Kinder "José" und "José Aureliano" und "Aureliano" und "José (der andere)" und "José (der junge)" zu nennen. Man ist ein wenig durcheinander. Und verwirrt. Warum gelingt es nicht, zu diesen Personen eine Beziehung aufzubauen? Liegt wohl daran, dass pro Seite etwa drei Monate Familiengeschichte abgehandelt werden. Ganz selten wird es detaillierter. Spannende Szenen wären im Überfluss vorhanden, aber verdammt, warum wird das alles so distanziert erzählt? Ist denn García Márquez im Nebenjob Chronist?

Zweihundert Seiten durch. Was begonnen wird, wird zu Ende gelesen. Es hat sich nicht viel verändert. Wie bin ich so weit gekommen? Sitzfleisch, die sporadischen magischer-Realismus-Szenen und Hoffnung. Hoffnung, dass erstmal die Vorgeschichte erzählt werden muss. Dann wird es spannend! Verdammt! Bitte!

Ende schreibt die "Unendliche
Geschichte". ROFLMAO! (Quelle)
Zweihundertunderste Seite! Fuck this shit! Tiefere Amazon-Recherche verhieß eh nichts gutes in Bezug auf meine Hoffnung.

Wie wohltuend ist da die echte "Unendliche Geschichte"! Eigentlich genau das Gegenteil. Zur Zeit (Hälfte gelesen) bin ich echt begeistert. Die Gründe dafür werden natürlich später dargelegt. Wenn dieses Buch sein Niveau auf voller Länge hält, bin ich echt geneigt zu sagen, dass die "Unendliche Geschichte" eins der besten Bücher aller Zeiten ist.

Aber da haben wir ja das Problem! Bücher sind halt Geschmackssache. Und 'ne Menge Leute haben ja "Unendliche Langeweile" äh "Hundert Jahre Einsamkeit" gelesen und für genial befunden. Es tut mir auch weh, dieses Buch nicht zu mögen. Denn eigentlich will ich das. Waren ja alle Voraussetzungen da. DAMMIT!

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